„In der Not frisst der Teufel Fliegen“, heißt es so schön. Gut, das behörnte Wesen aus der Hölle ist dieser Tage unsichtbar. Unser Leben ist derzeit stark eingeschränkt und das öffentliche Leben ist weitestgehend zum Erliegen gekommen. Den Auftakt machten geschlossene Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen. Zeit, sich für die Kitas Zeit zu nehmen. Am 19. und 20. März 2020 befassten sich zwei Online-Expert*innen Tage mit der Kita Konzeption von morgen.

Meine Netzwerk-Kollegin und Supervisorin Liona Heinzler ist seit Jahren ausgewiesene Expertin im Kita-Wesen. Als sich bei ihr die Anfragen à la „Was tun?“ von Kita-Führungskräften zur aktuellen Krise häuften, kam ihr die zündende Idee:

Eine Art Onlinekongress an einem Tag. Es wurden derer zwei, weil sich spontan viele Expert*innen aus ihrem Netzwerk für halbstündige Präsentationen und Gespräche bereit erklärten.

Kita Konzeption aus dem Boden stampfen?

Natürlich nicht. So komplex wie das gesellschaftliche, berufliche und persönliche Leben ist, so vielfältig sind auch die beteiligten Professionen und Kompetenzen, wenn es um die Kindertagesstätte von morgen geht:

  • Samstag: Innerhalb eines Tages reifte die Idee zur Online-Aktion.
  • Sonntag: Landingpage, Email-Automation, Webinar-Software wollten am nächsten Tag eingerichtet werden.
  • Montag: Tagsdrauf aktivierte Lioba ihr Expert*innen-Netzwerk.
  • Dienstag: Am vierten Tag startete das Marketing, damit es übermorgen (Donnerstag) losgehen konnte.

Ja, das ist Internet! Knappe 800 Anmeldungen. Chapeau!

„Die Zwangsschließungen rund um den Coronavirus nutzen für die Frühjahrskur in der Einrichtung. Für Kita-Teams oder OGS/OGATA-Teams bietet sich die außergewöhnliche Möglichkeit, sich um Dinge zu kümmern, für die im normalen Alltag keine Zeit bleibt.“ – so der Ankündigungstext auf der Landingpage und als Textvorlage für Posts in Social Media.

Ich berichte hier darüber so ausführlich, da ich vor dieser Leistung den Hut ziehe – und mich für die Einbindung bedanken möchte. Auf der einen Seite. Auf der anderen Seite bin ich begeistert über die fröhliche Atmosphäre und Hilfsbereitschaft ob des sehr ernsten Hintergrundes.

Danke für zwei äußerst spannende Tage! Ich fasse die einzelnen Beiträge kurz zusammen – und biete allen Teilnehmenden an, meine Online-Sprechstunde oder das Kontaktformular zur Gesprächsaufnahme zu nutzen, um Fragen loszuwerden und die digitalen Ansätze bei der Kita Konzeption zu besprechen.

Tag 1 – Donnerstag, 19.03.2020

„Mit Achtsamkeit die Ängste der Krise meistern“

  • Sabine Bimmler

Sabine sensibilisierte uns zum Auftakt darüber, dass wir Angst zulassen sollten: Gefühle kommen und gehen. Wichtig ist, dass wir (neue) Routinen entwickeln und Input reduzieren, damit sich das Gehirn ausruhen kann.

„Zu blond für Technik? Chancen von Online-Möglichkeiten auch in der Kita nutzen!“

  • Kristina Schmidt

Kristina kennt es aus dem FF: Als Mutter eines lebensbedrohlich allergischen Sohnes auf Nüsse hat sie ein online-geführtes Unternehmen gegründet, das mit Online-Fortbildungen auch technisch nicht unbedingt versierten Zielgruppen im Kita- und Schulumfeld weiterhilft. Ihr Appell: Online-Workshops und Weiterbildung nutzen. Und zwar: jetzt!

„Aufräum- und Ablagekonzept für Kitas“

  • Christa Beckers

Christa kann Organisation – die Digitalisierung treibt uns nun voran. Die heutige Zeit zeigt: Bisher haben wir nicht im Büro gelernt. Das ist jetzt anders. Insbesondere in Krisenzeiten sind Checklisten zum (Ab-) Arbeiten äußerst nützlich. Die wohl größte Herausforderung: das individuelle System (Farben helfen) und eine Einigung über Begrifflichkeiten im Kolleg*innenkreis.

„Hochbegabung: Fluch oder Segen?“

  • Daniela Heiser

Daniela ist Expertin und weiß: Hochbegabung = Hochleistung? Nein! Auch in der Erziehung im Kindergarten gilt die Normalverteilung: Angebote richten sich an die mittleren 70% und die 15% an den Rändern werden nicht berücksichtigt. Für hochbegabte Kids ist es wichtig zu wissen, ab wann sie wieder Gas geben dürfen. Die angezogene Handbremse dient (fortan) als Symbol für Unterforderung bzw. Nichtberücksichtigung der Perspektiven und Ansprüche aller Beteiligten.

„Qualitätsmanagement in der Kita als Teamaufgabe“

  • Simone Glitsch

Simone spricht sich für eine Visualisierung im Tagesablauf in Kindertagesstätten aus. Qualitätshandbücher wurden nicht gelesen und dementsprechend vor Jahren als unpraktikabel zu den Akten gelegt. Wichtig ist für den laufenden Betrieb, gemeinsame Regelungen zu schaffen, um die Zusammenarbeit zu organisieren und um Zeit beim Suchen zu sparen. Schriftlich geregelt werden sollte nur der Tagesalltag, der für alle gilt, also mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Was regelungswürdig ist, gibt einen Handlungsrahmen vor und wird zur Vereinbarung.

„Facebook sicher für die Öffentlichkeitsarbeit nutzen“

  • Christoph Ziegler

Ich plädiere für eine einfache und authentischen Einblick in die Kita via Facebook. Hierbei geht es um den Alltag. Öffentlichkeitsarbeit bedeutet: in Kategorien für Posts zu denken, Veranstaltungen, Aktionen oder das Team vorzustellen. Um zu den Eltern eine emotionale Bindung aufzubauen, damit die verschiedenen Werte und Bedürfnisse unter einen Hut gebracht werden.

„Die Resilienz-Revolution: widerstandsfähig in Zeiten der Veränderungen“

  • Katja Michalek

Katja stellte in ihrem Input eingangs die Frage: Was kann ich mir Gutes tun? So gelingt es, die eigene Kapazitätsgrenze nach hinten zu verschieben. Sie rät uns zu einer Art Impulskontrolle und dass wir nicht auf alles sofort reagieren. Resilienz, also innere Widerstandskraft, heißt, bewusst den Fokus auf etwas zu lenken, um so den Arbeitsalltag gelassen und mit Energie meistern zu können.

Tagesfazit Tag 1

Schnell zeigte sich bei allen Beteiligten Pragmatismus und gewonnene Zeit. Der Chat war sehr lebendig und viele Fragen konnten auch während der einzelnen Vorträge und Gespräche von, mit und zwischen den Expert*innen beantwortet werden.

Es bleiben die Fragen: Worin investiere ich meine Energie? Es bleibt das Training: Ist das Glas halbvoll oder halbleer? Und es manifestiert sich die Erkenntnis: Fortbildung ist ein ständiges Anpassen im Kopf. So auch hier bei diesem für die Kita-Leitungskräfte neuen Format der Online-Fortbildung.

Kita Konzeption mit vielen Beteiligten (Bild: Rawpixel via depositphotos)

Tag 2 – Freitag, 20.03.2020

„Die Arbeit in der Kita ist Beziehungspflege. Es bedeutet nicht schreiben, sondern Arbeit mit Menschen“, so leitete Lioba den zweiten Tag ein.

„Update Kita Konzeption“

  • Tanja Köster

Tanja weiß: Kita Konzeption ist kein Zustand, sondern ein Prozess. Und schon gar nicht von heute auf morgen. Diese Entwicklung begleitet sie bei moderierten Teamtagen in verschiedenen Abschnitten: Zunächst gilt es, die Rahmenbedingungen zu klären, um die Vorstellungen in der Kita zu definieren und dann „in Häppchen neben dem laufenden Betrieb“ das Team zu festigen.

„Wie gelingt die Kommunikation mit Eltern stressarm?“

  • Daniela Heiser und Lioba Heinzler

Daniela und Lioba führten ein sehr lebendiges Gespräch unter Schwestern, wie sich verschiedene Perspektiven in der Erziehung aufgrund des Altersunterschiedes gestalten. „Ich muss es nicht nur im Kopf verstehen, sondern es muss mir auch durch den Bauch gegangen sein“ – so Lioba. Eltern gehen heute anders in die Erziehung als früher. Früher gab es „nur“ die Kita, heute weit mehr Quellen wie Bücher oder das Internet.

Wer schaut auf mein System namens Familie? Wer darf das? Beratung in der Erziehung heißt, die Erlaubnis darüber einzuholen. Die Kommunikation zwischen Eltern und Erzieher*innen ist immer ein Ringen um die Wahrheit. Hier bringt jede*r die eigene Perspektive ein.

„Konflikte im Kita-Team: Tipps für Teamleitungen“

  • Kerstin Pletzer

Kerstin sagte: Konflikte können wir nur austragen, wenn wir konfliktfähige Vorbilder haben. Arbeiten wir also genau daran, solange es bei Konflikten noch nicht zu Eskalation oder einem chronischen Konflikt gekommen ist. Also ganz früh beginnen und das offene Gespräch suchen.

„‎Programmieren im Kita-Alltag“

  • Holger Häde

Holger sensibilisierte uns mit vielen Beispielen: Es muss nicht immer Technik sein, denn Programmieren ist niederschwellig und bedeutet im Prinzip nichts anderes, als Handlungsabläufe im Alltag zu trainieren. Es ist eine klare Wenn-Dann-Abfolge.

„Kleine Bewegungseinheiten“

  • Melanie Jung

Melanie zeigte uns, wie wir Interaktion digitalisieren. Sie sprach sich dafür aus, Kreativität neu zu denken, wenn die analogen Begegnungen temporär wegfallen. Sie sieht sich gut aufgestellt, da sie sich von klassischem Denken losgelöst hat, weil sie es derzeit einfach muss. Bei Tanz als therapeutisches Mittel beziehungsweise als Medium zur Interaktion geht es nicht um schön, sondern um sich selbst und ist damit sehr individuell. Das Bewegungsgedächtnis hilft uns dabei, unsere Wahrnehmung zu schulen. Wie? Zum Beispiel Achtsamkeit mit den Füßen erfahren und spielerisch einen Parcour in den eigenen vier Wänden bauen.

„Mit Videos in der Öffentlichkeitsarbeit punkten“

  • Frank Katzer

Franks Credo: Trau’ Dich! Oft wird ein technisches Handicap vorgeschoben, dabei haben wir alle mit irgendwas einmal angefangen. Das häufig zitierte Argument kennen wir alle: „Ich finde meine Stimme doof.“ Dabei offenbart der Blick oder das Feedback von Außen: Dein Thema ist wichtig! Das Smartphone ist unser perfekter digitaler Begleiter und die Jüngsten unserer Gesellschaft entwickeln digitale Medienkompetenz, denn deren Realität ist digital. Sein Aufruf bei der Kita Konzeption: „Der Kita ein Gesicht geben: Also sich selbst zeigen… Jetzt.“

„Wieso kommen immer nur dieselben Eltern? Passgenaue Angebote für Eltern entwickeln“

  • Felicitas Richter

Felicitas erklärte uns die verschiedenen Sinus Milieus – und wen Angebote aus der Kita in der Regel ansprechen: die sogenannte Bürgerliche Mitte und Postmaterielle engagieren sich. Um auch andere Zielgruppen anzusprechen und zu aktivieren, gilt es, eine Selbsteinschätzung vorzunehmen. Wer bin ich und wie ordne ich mich ein? Wie nehme ich die anderen wahr? Wie wirke ich auf die Anderen? Denn unterschiedliche Lebenswelten erfordern Akzeptanz und Toleranz.

Kita Konzeption: Lösungen aus der Zukunft, nicht aus der Vergangenheit. (Bild: Rawpixel via depositphotos)

Tagesfazit Tag 2

Die zwei Tage vergingen wie im Fluge und haben gezeigt: Es gibt viele Professionen und viele Beteiligte, die den – digitalen und analogen – Alltag einer Kita abbilden. Mannigfaltige Ansätze und individuelle Lösungen und Vorgehensweisen bei der Kita Konzeption werden auch weiterhin an der Tagesordnung sein.

Für die heutige und künftige Zeit zeigt sich: kurze Lern-Häppchen in schnellen Einheiten werden das Tagesgeschäft und die Weiterentwicklung bestimmen, wenn wir Neues ausprobieren und das Ausprobieren wieder erlernen.

Wie halten wir Kontakt auf Distanz? Mit Social Media! Packen wir es an! Denn die Lösungen der Probleme heute kommen aus der Zukunft, nicht aus der Vergangenheit.

  • Herzliche Grüße aus dem Bergischen Land
    Ihr Christoph Ziegler
    «Offline-Business online beleben.»

(Bildquelle: Rawpixel via depositphotos)

About the Author

J. Christoph Ziegler ist Social Media Stratege und der Kopf bei kumulus ® – besonnen, auf Augenhöhe und immer wohlwollend kritisch. Sein Credo? Offline-Business online beleben! Hier im kumulus-Blog liefert er Impulse zum Start in Social Media und gibt zwischendurch kurze und knackige Tipps für soziale Netzwerke und eine gelungene Kommunikation.

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